Die Version 8 des IFS Food Standards, die seit Oktober 2023 verpflichtend ist, verschärft die Anforderungen an die Schädlingsbekämpfung erheblich. Was viele Lebensmittelbetriebe zunächst als zusätzliche Bürokratie empfinden, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als sinnvolle Systematisierung eines kritischen Bereichs der Lebensmittelsicherheit.
Kapitel 4.13: Das Herzstück der Schädlingskontrolle
Im Kapitel 4.13 des IFS Food Standards werden die Anforderungen an Schädlingsüberwachung und -bekämpfung präzise definiert. Die zentrale Anforderung 4.13.2 fordert ein risikobasiertes, dokumentiertes Schädlingsbekämpfungsprogramm, das weit über das bloße Aufstellen von Fallen hinausgeht.
Was muss das Schädlingsbekämpfungsprogramm mindestens enthalten?
Der IFS Food Standard Version 8 fordert explizit folgende Elemente:
- Werksgelände und -umgebung: Eine Bewertung der Standortfaktoren und potenzieller Schädlinge
- Arten der Rohwaren/Endprodukte: Risikobewertung basierend auf Produkten
- Lageplan mit Anwendungsorten (Köderplan): Präzise Dokumentation aller Köderstationen
- Bauliche Schwachstellen: Identifikation von anfälligen Konstruktionen wie Decken, Kellern, Rohren
- Köderidentifizierung vor Ort: Eindeutige Nummerierung und Kennzeichnung
- Verantwortlichkeiten: Klare Zuordnung intern/extern
- Verwendete Mittel: Auflistung mit Anwendungs- und Sicherheitsvorschriften
- Inspektionsintervalle: Risikobasierte Festlegung der Kontrollfrequenz
- Gemietete Lagerräume: Falls zutreffend, Einbeziehung externer Standorte
IFS Food Standard 4.13.2: "Risikobasierte Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung sind zu dokumentieren, umzusetzen und aufrechtzuerhalten. Sie müssen die lokalen gesetzlichen Bestimmungen erfüllen."
Externe Dienstleister: Verantwortung bleibt beim Betrieb
Viele Betriebe beauftragen professionelle Schädlingsbekämpfer – eine sinnvolle Entscheidung. Doch der IFS Food Standard stellt in Anforderung 4.13.3 unmissverständlich klar:
"Auch wenn die Leistungen zur Schädlingsbekämpfung ausgelagert werden, verbleibt die Verantwortung für die erforderlichen Maßnahmen (einschließlich der laufenden Aufsicht aller Schädlingsbekämpfungsaktivitäten) im Unternehmen."
Das bedeutet konkret:
- Der Dienstleistungsvertrag muss alle IFS-Anforderungen abdecken
- Eine kompetente Person im Unternehmen muss benannt werden
- Diese Person überwacht kontinuierlich die Schädlingsbekämpfungsaktivitäten
- Die Dokumentation muss vom Betrieb selbst geführt und verstanden werden
Dokumentation und Trendanalyse: Der Schlüssel zum Erfolg
Die Anforderung 4.13.4 fordert die lückenlose Dokumentation aller Inspektionen und Maßnahmen. Besonders wichtig ist die Anforderung 4.13.7, die eine aktuelle Trendanalyse verlangt.
Was bedeutet Trendanalyse in der Praxis?
Es reicht nicht, Schädlingsfunde einfach zu dokumentieren. Der Betrieb muss:
- Befallsmuster über die Zeit erkennen
- Saisonale Schwankungen identifizieren
- Kritische Bereiche herausfiltern
- Präventivmaßnahmen daraus ableiten
- Die Wirksamkeit der Maßnahmen bewerten
Ein professionelles Monitoringsystem erstellt diese Analysen automatisch und liefert aussagekräftige Grafiken für Audits und interne Qualitätsbesprechungen.
Wareneingang: Die erste Verteidigungslinie
Anforderung 4.13.6 wird häufig unterschätzt: "Eingehende Lieferungen werden im Wareneingang auf die Anwesenheit von Schädlingen inspiziert. Jeder Fund wird aufgezeichnet."
Diese Inspektion muss systematisch erfolgen:
- Visuelle Kontrolle aller Lieferungen
- Besondere Aufmerksamkeit bei Paletten und Verpackungen
- Dokumentation auch von Verdachtsmomenten
- Sofortige Maßnahmen bei Befallszeichen
- Rückmeldung an Lieferanten
Köder, Fallen und Insektenvernichter: Richtige Platzierung entscheidend
Anforderung 4.13.5 legt fest, dass alle Köder, Fallen und Insektenvernichter:
- Voll funktionsfähig sein müssen
- In ausreichender Anzahl vorhanden sind
- Für den Verwendungszweck geeignet sind
- An geeigneter Stelle korrekt angebracht sind
- So verwendet werden, dass eine Kontamination verhindert wird
Die Platzierung ist kritisch: Köderstationen dürfen keine Produktkontamination riskieren, müssen aber dort stehen, wo Schädlinge tatsächlich auftreten oder eindringen können.
Präventive Bauliche Maßnahmen: Anforderung 4.13.1
Der Standard beginnt mit der Grundvoraussetzung: "Das Werksgelände und die Ausrüstung sind so konzipiert, gebaut und instand gehalten, dass ein Schädlingsbefall vermieden wird."
Praktische Umsetzung:
- Türen und Tore mit Bürstendichtungen
- Fenster und Lüftungen mit Insektengittern
- Rohrdurchführungen abgedichtet
- Keine Rückzugsorte für Schädlinge (Gerümpel, ungenutzte Bereiche)
- Außenbereich sauber und ordentlich
- Abfallbereiche schädlingssicher
Häufige Audit-Fallen und wie Sie sie vermeiden
1. Unvollständiger Köderplan
Problem: Der Lageplan zeigt nicht alle Köderstationen oder ist veraltet.
Lösung: Digitale Pläne, die bei jeder Änderung aktualisiert werden. Jede Station mit eindeutiger Nummer und GPS-Koordinaten.
2. Fehlende Verantwortlichkeiten
Problem: Es ist nicht klar dokumentiert, wer für welche Aspekte verantwortlich ist.
Lösung: Schriftliche Vereinbarung mit dem Dienstleister UND Benennung einer internen verantwortlichen Person mit nachweisbarer Schulung.
3. Keine Trendanalyse
Problem: Befunde werden dokumentiert, aber nicht ausgewertet.
Lösung: Mindestens quartalsweise Auswertung mit Grafiken und Maßnahmenableitung.
4. Reaktiv statt präventiv
Problem: Maßnahmen erfolgen erst bei Befall.
Lösung: Risikobasierter Präventionsplan mit vorbeugenden Maßnahmen.
Integration in das HACCP-System
Schädlingsbekämpfung ist kein isoliertes Thema. Nach IFS Food Anforderung 2.3.6.1 muss die Gefahrenanalyse auch physikalische Gefahren durch Schädlinge berücksichtigen:
- Kontamination durch Kot und Urin
- Einschleppung von Krankheitserregern
- Fraßschäden an Produkten und Verpackungen
- Imageschaden und Reputationsrisiko
Die Schädlingsbekämpfung muss daher fest im HACCP-Plan verankert sein und bei der Festlegung von Kontrollmaßnahmen berücksichtigt werden.
IFS-konforme Umsetzung: Investition in Qualität und Sicherheit
Die konsequente Umsetzung der IFS-Anforderungen erfordert eine sorgfältige Planung und individuelle Anpassung. Die Anforderungen an Schädlingsmonitoring sind so unterschiedlich wie die Betriebe selbst – vergleichbar mit der Frage "Was kostet ein Haus?" oder "Was kostet ein Auto?". Faktoren wie Betriebsgröße, Produktionsart, Standort, bauliche Gegebenheiten und Risikoklassifizierung bestimmen den tatsächlichen Aufwand.
Was jedoch klar ist: Die Investition in professionelle Schädlingsbekämpfung rechnet sich immer im Vergleich zu den Folgekosten eines Schädlingsbefalls:
- Kosten eines gescheiterten Audits
- Produktionsausfall bei Befall
- Produktrückrufe
- Imageschaden und Vertrauensverlust
- Rechtliche Konsequenzen
Lassen Sie sich daher individuell beraten, um ein maßgeschneidertes Konzept für Ihren Betrieb zu entwickeln.
Praktische Schritte zur IFS-konformen Schädlingsbekämpfung
Schritt 1: Risikobewertung durchführen
- Standortanalyse: Umgebung, Nachbarschaft, historische Befälle
- Produktanalyse: Welche Schädlinge werden von Ihren Produkten angezogen?
- Bauliche Bewertung: Wo können Schädlinge eindringen?
- Prozessanalyse: Wo entstehen Risikobereiche?
Schritt 2: Programm entwickeln
- Köderplan erstellen mit allen Stationen
- Inspektionsintervalle festlegen (risikobasiert)
- Verantwortlichkeiten definieren
- Dokumentationssystem aufsetzen
- Notfallplan entwickeln
Schritt 3: Umsetzung und Schulung
- Installation der Köderstationen und Fallen
- Schulung der internen Verantwortlichen
- Schulung des Wareneingangs-Personals
- Erste Inspektion mit Dienstleister
Schritt 4: Monitoring und Optimierung
- Regelmäßige Inspektionen nach Plan
- Lückenlose Dokumentation
- Quartalsweise Trendanalyse
- Jährliche Programm-Bewertung
- Kontinuierliche Verbesserung
Die Rolle des professionellen Schädlingsbekämpfers
Ein IFS-erfahrener Schädlingsbekämpfer bringt mehr als nur Köder und Fallen:
- IFS-Expertise: Kenntnis der spezifischen Audit-Anforderungen
- Risikobasierte Konzepte: Individuelle Programme statt Standardlösungen
- Audit-sichere Dokumentation: Berichte, die Auditoren überzeugen
- Trendanalysen: Aussagekräftige Auswertungen und Handlungsempfehlungen
- Schulung: Training der internen Verantwortlichen
- Notfall-Support: Schnelle Reaktion bei akutem Befall
- Audit-Begleitung: Unterstützung während der IFS-Zertifizierung
Digitalisierung: Die Zukunft der Schädlingsbekämpfung
Moderne Schädlingsbekämpfung setzt auf digitale Lösungen:
- IoT-Fallen: Melden automatisch Fänge und Batteriestand
- QR-Code-Stationen: Schnelle Dokumentation per Smartphone
- Cloud-Dokumentation: Berichte und Trendanalysen jederzeit verfügbar
- Automatische Alerts: Sofortbenachrichtigung bei kritischen Befunden
- Audit-Dashboard: Übersichtliche Darstellung für Zertifizierer
Fazit: Investition in Sicherheit und Qualität
Die Anforderungen des IFS Food Version 8 an die Schädlingsbekämpfung sind anspruchsvoll – aber sie sind sinnvoll und umsetzbar. Betriebe, die Schädlingsbekämpfung als integralen Bestandteil ihres Qualitätsmanagements verstehen und nicht als lästige Pflicht, profitieren mehrfach:
- Sichere IFS-Zertifizierung
- Minimiertes Kontaminationsrisiko
- Weniger Produktionsausfälle
- Besseres Image bei Kunden und Auditoren
- Rechtssicherheit
- Kostenersparnis durch Prävention
Die Zusammenarbeit mit einem IFS-erfahrenen Schädlingsbekämpfer macht den Unterschied zwischen einer bloßen Pflichterfüllung und einem echten Wettbewerbsvorteil.
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- Audit-sichere Dokumentation und Trendanalysen
- Schulung Ihrer internen Verantwortlichen
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